Straftaten sollen sich nicht lohnen! Dies war das Bestreben des Gesetzgebers, als er sich 2017 auf eine umfangreiche Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung verständigt hat. Die Ermittlungsbehörden sollen neben der Aufklärung von Straftaten verstärkt darauf achten, ob illegal erlangte Vermögenswerte dem Täter entzogen werden können. Diese sollen frühzeitig gesichert werden. Daneben obliegt Staatsanwaltschaft und Polizei aber auch die Prüfung, ob nicht Dritte – Unternehmen und Individualpersonen – von Straftaten profitiert haben. Auch aus diesem Grund gewinnt die Vermögensabschöpfung im Bereich des Wirtschaftsstrafrechts stetig an Bedeutung.
Zugriff auf Drittvermögen in der Praxis keine Seltenheit
In der Praxis werden regelmäßig Vermögenswerte bei Dritten gesichert, um eine spätere Einziehungsentscheidung zu ermöglichen. Dabei kann es sich um Bargeld, Bankguthaben oder Immobilien handeln. Dies ist unproblematisch, wenn dies Vermögensgegenstände aus strafrechtlich relevantem Verhalten herrühren.
Die Rechtsprechung geht – wenn auch in fragwürdiger Interpretation der bestehenden Gesetzeslage – allerdings mittlerweile sogar so weit, auf Vermögenswerte legalen Ursprungs zuzugreifen, wenn diese nur zeitlich nach einer begangenen Straftat von einem (mutmaßlichen) Täter auf einen Dritten verschoben worden ist. Die moderne Vermögensabschöpfung ist mithin deutlich mehr, als die reine Sicherung der „Tatbeute“. Diese Entwicklung hat praktische Auswirkungen für den Umgang mit wirtschaftsstrafrechtlichen Sachverhalten im Unternehmen. Die Möglichkeit von strafprozessualen Sicherungsmaßnahmen ist in der Beratungssituation stets in den Blick zu nehmen.
Die Entwicklung der Rechtsprechung bietet Anlass genug, sich einmal vertieft mit den unternehmerischen Risiken der Vermögensabschöpfung zu befassen. Inbesondere Compliance- und Rechtsabteilungen sollten sich mit dieser Thematik vertraut machen, um auch im Krisenfall richtig zu reagieren. Sollten Sie Fragen hierzu haben, sprechen Sie uns jederzeit gerne an.
Weiterführende Hinweise:
Hiéramente: Zur Einziehung von Wertersatz beim Drittbeteiligten im Falle einer Übertragung „nicht inkriminierten“ Vermögens ohne rechtlichen Grund, Anm. zu OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28. November 2019 – III-1 Ws 233-237/19, juris-PraxisReport Strafrecht 3/2020.
Hiéramente/Schwerdtfeger, Das Unternehmen im Fokus der Vermögensabschöpfung im Wirtschaftsstrafrecht – Risiken und Chancen der Gesetzesreform, BetriebsBerater 2018, 834