Interview im Tagesspiegel: Arbeitgeber muss für Urlaubsgewährung sorgen

Jedem Arbeitnehmer steht ein bezahlter Mindesturlaub von vier Wochen im Jahr zu. Neben dem deutschen Urlaubsrecht, fixiert im Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) sieht dies auch die europäische Arbeitszeitrichtlinie RL 2003/88/EG vor. Nach dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) handelt es sich hierbei zudem um einen besonders bedeutenden Grundsatz des Gemeinschaftsrechts. Daher hatte auch der EuGH bereits am 6.11.2018 entschieden, dass die nationalen Gerichte dafür Sorge tragen müssen, dass der Arbeitgeber seine Arbeitnehmer über die bestehenden Urlaubsansprüche transparent und hinreichend deutlich informiert. Die Schaffung der notwendigen Voraussetzungen zur Urlaubsgewährung ist damit Sache des Arbeitgebers. Insbesondere gelte dies daher, da der Arbeitnehmer im Arbeitsverhältnis tendenziell der unterlegenere Part sei, der daher besonders schützenswert sei. Dass der Arbeitgeber dies getan habe, müsse er im Zweifelsfall beweisen, so urteilte der EuGH (EuGH, Urt. v. 6.11.2018, Az.: C-684/16 = EWiR 2018, S. 725 m. Anm. Fuhlrott). Arbeitgeber muss transparent auf die bestehenden Rechte hinweisen Mit seinem Urteil vom 19.2.2019 (Az.: 9 AZR 541/15) setzte das Bundesarbeitsgericht (BAG) nunmehr die Vorgaben des EuGH um. Im Ausgangsfall hatte ein Arbeitnehmer gegen seinen Arbeitgeber, das Max-Planck-Institut, auf Urlaubsabgeltung geklagt. Da das Arbeitsverhältnis bereits beendet war, machte er keine Urlaubsgewährung, sondern dessen Abgeltung geltend. Im laufenden Arbeitsverhältnis hatte der Arbeitnehmer nämlich kaum Urlaub beansprucht. Der Arbeitgeber hatte ihn allerdings auch nicht darauf hingewiesen, dass ihm – wie jedem Arbeitnehmer – ein Anspruch auf bezahlten Urlaub zustand. Dem Grunde nach gab das BAG in seinem aktuellen Urteil nunmehr dem Arbeitnehmer Recht: Bei einer richtlinienkonformen Auslegung des § 7 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) könne der Verfall von Urlaub in der Regel nur eintreten, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zuvor konkret aufgefordert habe, seinen Urlaub zu nehmen. Hierbei müsse der Arbeitgeber den Arbeitnehmer klar und rechtzeitig darauf hinweisen, dass der Urlaub anderenfalls mit Ablauf des Urlaubsjahres oder Übertragungszeitraums erlösche. Tue er dies nicht, erlösche der arbeitnehmerseitige Urlaubsanspruch nicht. Folgen für Arbeitgeber Für Arbeitgeber hat das Urteil gravierende Folgen: Diese werden künftig alljährlich ihre Arbeitnehmer ausdrücklich über die bestehenden Urlaubsansprüche informieren müssen. Ob dies durch einen Hinweis auf der Lohnabrechnung, eine E-Mail oder eine Information im Intranet erfolgt, ist dem Arbeitgeber zwar überlassen. Einiges spricht dafür, dass Arbeitgeber auch im laufenden Arbeitsverhältnis Arbeitnehmer, die noch in der zweiten Jahreshälfte über hohe Urlaubsansprüche verfügen, erneut ausdrücklich hierüber belehren werden müssen. Da der Arbeitgeber zudem im Streitfall die Darlegungs- und Beweislast für eine entsprechende Unterrichtung trägt, werden Arbeitgeber sich womöglich auch die „Urlaubsbelehrung“ quittieren lassen, um diese im Streitfall nachweisen zu können. Den für die Urlaubsgewährung notwendigen Urlaubsantrag muss aber weiterhin der Arbeitnehmer stellen. Tut er dies nach erfolgter Belehrung nicht, verfällt der Urlaub. Interview für den Tagesspiegel Im Interview für den Tagesspiegel vom 19.2.2019 stellt Rechtsanwalt Prof. Dr. Michael Fuhlrott die Handlungsoptionen für Arbeitgeber dar und gibt eine erste Einschätzung zum Urteil und zum Umgang mit der Urlaubsgewährung und -belehrung. Sollten sich bei Ihnen für die praktische Handhabe Fragen ergeben, kommen Sie jederzeit gerne auf uns zu.

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