Das Unternehmensstrafrecht könnte nun sehr bald in Deutschland Realität werden. Ein neuer Referentenentwurf ist seit einigen Wochen in der Welt. Er enthält inhaltlich nur verhältnismäßig wenige interessante Änderungen zur ersten Version, die bereits seit 2019 in der Fachöffentlichkeit diskutiert wird. Drei wesentliche Änderungen aber gibt es:
Keine „Todesstrafe“, auch nicht für Unternehmen
Die Auflösung des Verbandes bei besonders gravierenden und beharrlichen Gesetzesverstößen ist nun doch nicht mehr vorgesehen. Angesichts der strengen Voraussetzungen, die der Gesetzgeber für diese Höchst-Sanktion vorgesehen hatte, dürfte es sich (auch) hierbei eher um eine kosmetische als um eine praktisch relevante Frage handeln.
Keine Sanktionierung gemeinnütziger Verbände
Die erste Version des Gesetzesentwurfs unterwarf jeden Verband der strafrechtlichen Haftung, unabhängig davon, welche Zwecke er verfolgt. Das ist nun geändert. Der Gesetzgeber will vor allem gemeinnützige Organisationen aus dem Anwendungsbereich des Unternehmensstrafrechts herausnehmen. Die Rechtsprechung wird sich hierbei vermutlich an den Kriterien orientieren, die das Steuerrecht bereitstellt. Wer steuerrechtlich privilegiert ist, weil er gemeinnützige Zwecke verfolgt, muss auch keine Sanktionen nach dem VerSanG befürchten. Es bleibt aber bei der Möglichkeit, auch gemeinnützige Unternehmen nach dem Ordnungswidrigkeitenrecht (§ 30 OWiG) zu belangen. Staatsanwaltschaften und Ordnungsbehörden dürfen dann aber im Zweifel von der Verfolgung absehen. Diese Möglichkeit besteht unter der Geltung des VerSanG im Grundsatz nicht mehr.
Gebundenes Ermessen bei Milderung der Verbandssanktion
Wer bei der Aufarbeitung von Gesetzesverstößen mitwirkt, soll belohnt werden. Das sah bereits der erste Entwurf zum VerSanG vor. Durch die Änderung eines Wortes hat sich die Situation für Unternehmen, die durch eine professionell durchgeführte interne Untersuchung (internal investigation) deutlich machen, dass Gesetzesverstöße nicht toleriert werden, verbessert. Gerichte „sollen“ nun die Sanktion mildern, wenn das Unternehmen die Voraussetzungen des § 17 VerSanG erfüllt. Angesichts der insgesamt strengen Voraussetzungen der Milderungsmöglichkeit wird bei deren Vorliegen nur in seltenen Konstellationen ein Ausnahmefall vorliegen, der es dem Gericht erlaubt, trotz der durch die „Soll“-Vorschrift gesetzlich angeordneten Regelfolge die Milderungsmöglichkeit zu versagen.